In einer Welt in der jeder Hipster, Hippie, Arthoe ist – wie besonders ist besonders noch? Wie sehr stichst du noch aus der Menge heraus, wenn dein Sitznachbar genauso anders ist?
Jeder hat einen eigenen Blog und ist natürlich ganz anders als alle anderen. Alle wollen anders aussehen als die anderen und gehen am Ende doch in den gleichen Läden einkaufen und so gibt es jeden Tag mindestens drei Leute in einer Schule die das gleiche Nirvana Shirt tragen und vermutlich hört nur einer von ihnen wirklich die Band. Jeder dritte Brillenträger hat das Gestell auf der Nase, um intellektuell zu wirken und nicht, um seine Sicht zu schärfen. Jeder liest Rupi Kaur, schaut Filme aus den 80ern und kauft Platten. Jeder will „tumblr“ sein und so außergewöhnlich wie möglich. Jeder ist jetzt Künstler und poetisch, jeder ist jetzt alles, aber auf keinen Fall mainstream. Jeder hypt Avocados und keiner weiß warum. Jeder hört Bands, die sonst keiner hört, und liest Bücher die keiner kennt, bis auf jeden Tumblr User dieses Planeten. Jeder trinkt aus Mason Jars und keiner will mehr auf den Mars, sondern Pluto wieder als Planeten anerkennen. Keiner liebt mehr Rosen so wie „alle“, sondern Sonnenblumen und Gänseblümchen, weil das ja so anders ist.
Aber das sollte kein Angriff werden, denn ehrlich gesagt, bin ich doch genauso „besonders“ wie alle anderen. Um genau zu sein, bin ich mir nicht sicher, warum ich bin wie ich bin.
Natürlich, ich ziehe mich so an wie ich es tue, weil es mir gefällt. Ich höre die Musik, die ich höre, weil ich sie gut finde. Ich lese die Bücher in meinem Regal, weil sie mir gefallen, und ich folge den Menschen, die mich interessieren. Aber warum habe ich damit angefangen? Habe ich meiner Mutter ihre alte Jeansjacke geklaut, weil sie mir gefallen hat, oder weil Jeansjacken auf „We Heart it“-Fotos cool aussahen? Habe ich mir das Kraftklub-Album auf Schallplatte gekauft, weil es wirklich so viel besser klingt oder weil es besser aussieht? Habe ich Charles Bukowski gelesen, weil ich Gedichte von einem alten Arschloch lesen wollte oder weil sie anders sind als das, was meine Klassenkameraden lesen? Habe ich mir in der siebten Klasse die Haare rot gefärbt, weil es mir gefallen hat oder weil ich blond und blauäugig zu langweilig fand? Bin ich auf mein erstes Festival gegangen, weil ich Musik liebe oder weil ich so ein Bändchen wollte? War die rote Zora früher mein Vorbild, weil sie wild war oder weil sie keine Disneyprinzessin war? Lege ich möglich alt aussehende Filter über meine Instagrambilder, weil es mir so gefällt oder weil alle Berliner, denen ich folge, auch verschwommene Bilder posten, die zwar HD sind, aber dann doch aussehen sollen, als wären sie mit einer Polaroid-Kamera gemacht worden.
So anders bin ich auch nicht und eigentlich ist nicht anders zu sein doch auch nicht schlimmer als anders zu sein. Im Prinzip sind wir doch trotzdem alle gleich. Teenager, die versuchen, das zu sein, was sie sein wollen, die herausfinden wollen, was sie sind, die noch nicht genau wissen, was sie ausmacht. Aber das ist doch der Sinn der Jugend! Wir werden nie wieder so jung sein wie jetzt und nie wieder so viel Zeit haben uns auszutoben. Also tue Dinge, die du bereuen wirst, die dir Angst machen, und sei so wie du willst. Egal, ob du dabei anders bist, als die anderen, oder eben genau gleich. Who gives a shit?
Sigena Süßmann, 10c